Videospiele bzw. Computerspiele gibt es schon länger, als viele vermutlich denken. Schon kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden auf den ersten elektronischen Rechenapparaten, den Nachfolgern von Konrad Zuses Rechenmaschinen, die ersten Spiele entwickelt und gespielt. Die Raketensimulation
Cathode-Ray Tube Amusement Device von 1947, entwickelt von Thomas T. Goldsmith Jr. auf analoger Hardware, gilt dabei als erstes Computerspiel der Welt. Es folgen
Bertie the Brain (1950), das
Nim-Game auf einem Nimrod (1951) – dieser elektronische Rechner besiegte den damaligen bundesdeutschen Wirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard auf der Berliner Industrieausstellung in diesem Spiel –,
OXO (1952) und als erstes Videospiel
Tennis for Two (1958).
Massachusetts Institute of Technology
Steve Russell (* 1938 in Hartford, Connecticut), Professor für Computerwissenschaften am
MIT, und zwei seiner Studenten entwickeln auf dem 1959 erschienenen Minicomputer DEC PDP-1 das Videospiel
Spacewar!, welches weithin als Grundstein der Videospielbranche und als Meilenstein der digitalen Unterhaltungselektronik gilt.
University of Utah
Der aus Clearfield, Utah stammende neunzehnjährige Nolan Bushnell, Student an der University of Utah, ist begeistert von Spacewar!. In den Semesterferien jobbt Bushnell in einer Spielhalle, was ihn auf die Idee bringt,
Spacewar! als Münzspielautomat zu entwickeln. Allerdings fehlt es ihm an Geld und die benötigte Hardware braucht noch etwa so viel Platz wie ein Kleinwagen. Es sollten noch einige Jahre vergehen, bis Bushnell sein Vorhaben realisieren kann.
Sanders Associates
Ralph Baer, 1922 als Rudolf Heinrich Baer im pfälzischen Rodalben geboren, 1938 aus dem von den Nazis regierten Deutschland geflohen und seit 1955 beim Militärzulieferer Sanders Associates in Nashua, New Hampshire angestellt, entwickelt seit 1967 zusammen mit William L. Harrison und William T. Rusch die sogenannte
Brown Box, ein einfaches Videospiel für den heimischen Fernseher, und stellt es nun seinem Arbeitgeber vor, der allerdings damit nur wenig anzufangen weiß.
Magnavox Company
Baer schließt sich daraufhin mit
Magnavox zusammen.
Ampex Electric and Manufacturing Company
Bushnell, mittlerweile beim Tonbandgerätehersteller Ampex angestellt, fertigt erste grobe Entwürfe für eine Minicomputer-basierte Spielemaschine an.
Syzygy Engineering
Bushnell und die ebenfalls bei Ampex angestellten Ingenieure Ted Dabney und Larry Bryan treffen sich, um sich über den Bau einer solchen Spielemaschine beispielsweise auf Basis des eben erschienenen Nova 800 Minicomputer zu verwirklichen. Bryan wird Namensgeber des Projekts
Syzygy, zu dem jeder 100 Dollar beisteuern soll.
Syzygy Engineering
Bryan hat das Projekt bereits wieder verlassen, ohne die 100 Dollar beigesteuert zu haben.
Syzygy Engineering (Nutting Associates)
Bushnell wechselt von Ampex als Chefentwickler zum Spielautomatenhersteller Nutting Associates nach Mountain View. Die Firma stellt Bushnell Räumlichkeiten für ein auf Basis von
Spacewar! zu entwickelndes Spiel zur Verfügung und will die Herstellungskosten übernehmen. Syzygy soll die Rechte an dem Spiel behalten dürfen und Nutting eine Produktionslizenz ausstellen. Dabney, der an dem Projekt mitarbeitet, bleibt vorerst bei Ampex.
Ampex Electric and Manufacturing Company
Der Ingenieur Allan „Al“ Alcorn, Absolvent der University of California in Berkeley im Jahrgang 1971, geht als Elektroingenieur zu Ampex und ersetzt dort Bushnell als Dabneys Büropartner. Alcorn hat bereits 1968/69 ein mehrwöchiges Praktikum bei Ampex absolviert.
Syzygy Engineering (Nutting Associates)
Ted Dabney verlässt Ampex ebenfalls und wechselt zu Nutting Associates.
Nutting Associates
Auf der Music & Amusement Machines Exposition (MAME) im Sherman House in Chicago wird das auf Spacewar! basierende Arcadespiel
Computer Space durch Nuttings Marketingleiter David Ralstin erstmals vorgestellt. Alle vier Prototypen (rot, blau, gelb, weiß) sind vertreten.
Stanford University
Syzygy sind jedoch nicht die einzigen, die sich an einer Automatenversion von Spacewar! versuchen: Im Tresidder Student Union Chess Room der Stanford University entwickeln die Studenten Bill Pitts und Hugh Tuck auf einem DEC PDP-11/20 und einem Hewlett-Packard 1300A Bildschirm ihre eigene Version und stellen sie am 29. November in der Studentenzeitung
The Stanford Daily vor.
Nutting Associates
Computer Space wird unter der Modellnummer NA-2010 auf den Markt gebracht und gilt damit als erstes kommerzielle hergestelltes und der breiten Öffentlichkeit zugängliches Arcadespiel.
Bushnell und Dabney steuern jeweils nochmal 250 Dollar zu Syzygy bei.
Syzygy Engineering (Nutting Associates)
Nolan Bushnell trifft sich mit John Britz, Executive Vice President bei der Bally Manufacturing Corporation, zum Austausch über die mögliche Entwicklung eines weiteren Spiels.
Unterdessen hat sich
Computer Space etwa eintausend Mal verkauft, bleibt aber hinter den Umsatzerwartungen von Nutting Associates zurück. Das Spiel ist ohne das Zurateziehen des dicken Handbuchs nicht zu bewältigen, was viele potentielle Spieler eher abschreckt.
Nutting Associates
Marketingleiter David Ralstin verlässt Nutting.
Syzygy Engineering (Nutting Associates)
Bushnell versucht mit Hilfe der Anwaltskanzlei Hopkins, Jordan, Mitchell & Sullivan das Projekt Syzygy als eigenständige Firma zu etablieren. Da der Name jedoch bereits an eine örtliche Dachdeckerfirma vergeben ist, scheitert das Vorhaben vorerst.
Am 24. Mai besucht Bushnell die Hausmesse der Firma Magnavox in Burlingame im kalifornischen San Mateo County, wo das Fernseh-Tennisspiel
Magnavox Odyssey 100 vorgestellt wird, das aus Ralph Baers
Brown Box entstand.
Letzte Seitenbearbeitung: 16. Januar 2024