Willkommen in der 
Bundesfestung Ulm 
Über diese Seite
Diese Seite dient dazu, meine eigenen Eindrücke der Festung zu zeigen, etwas Wissen zu vermitteln und vielleicht den ein oder anderen Besucher auf die Festung neugierig zu machen, herzukommen und selber zu entdecken. Für eine sehr gute Dokumentation über die Bundesfestung Ulm empfehle ich das Buch „Die Bundesfestung Ulm – Deutschlands größtes Festungsensemble“ von Matthias Burger (ISBN 3-88294-366-1).

Gleich zu Beginn noch ein Hinweis: Dies ist nicht die offizielle Seite vom Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V., diese finden Sie unter http://www.bundesfestung.de.

Führungen und Veranstaltungen
Aktuellste Informationen zu Führungen gibt es jederzeit hier auf der Seite vom Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V.

Geschichtlicher Hintergrund

1805 verlor das Kaisertum Österreich im dritten Koalitionskrieg die Schlacht von Ulm gegen das französische Kaiserreich. Ulm wurde nach Schleifung der Festung um 1800 kurz zuvor wieder notbefestigt, die ursprüngliche Stärke erreichte die Stadt dadurch aber nicht. Napoleon Bonaparte, seit 1799 de facto Staatsoberhaupt Frankreichs und seit 1804 als Napoleon I. Kaiser der Franzosen, sah sich die Schlacht vom Kienlesbergfelsen oberhalb der Stadt an und sagte zum österreichischen Feldmarschall Karl Mack von Leiberich, als dieser die Kapitulation überbrachte: „Wie konnten Sie sich dazu verrennen, sich in einem so elenden Platz wie Ulm verteidigen zu wollen, der nicht einmal den Namen ‚Festung‘ verdient?“. Er ordnete später die Schleifung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Festungsanlagen der ehemals freien Reichsstadt Ulm an. Nur die Stadtmauer mit ihren Toren, Teile der Dürer'schen Festung am Donauufer und an der Ostseite, der Kobelgraben im Südwesten sowie die Soldatenhäuser an der Nordseite der Altstadt blieben stehen. Von der Stadtmauer und den Toren wurde dann in späteren Jahren immer wieder etwas abgebrochen, so dass sich die Befestigungsanlagen heute nur lückenhaft präsentieren — von der Stadtmauer sind das komplette Donauufer, das Steinerne Vorwerk (Insel Neu-Ulm), die Bastion Fuchsloch an der Münchener Straße, Teile der nördlichen Stadtmauer entlang der Linie Seelengraben – Frauengraben – Neuer Graben sowie einige Reste der westlichen Mauer am Lederhof (samt dem Blaueinlass) und am Kobelgraben erhalten, von den einst zahlreichen Toren und Türmen stehen heute noch der Metzgerturm, der Gänsturm, der Seelturm samt dem Zundeltor und der Sockel des Dicken Turms.

Die Jahre 1789 bis 1815 markieren ohnehin den Sturz alter Mächte vor allem in Mitteleuropa, so verloren zwischen 1802 und 1805 die geistlichen Fürsten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation sowie nahezu alle Reichsstädte alles Land an die weltlichen Fürsten, die mit diesen Ländereien für die Enteignungen links des Rheins entschädigt wurden. Ulm verlor den Status als Freie Reichsstadt, den sie seit 1184 innehatte, im Jahr 1802 noch vor dem Reichsdeputationshauptschluss, und kam an das Kurfürstentum Bayern. Der Besitz Ulms reichte zu dieser Zeit von Geislingen an der Steige bis hinunter vor Vöhringen und war nach Nürnberg die flächenmäßig größte Reichsstadt des Heiligen Römischen Reichs. Im Vertrag von Compiègne 1810 musste Bayern das linke Donauufer mit der Stadt Ulm an das Königreich Württemberg abgeben, das rechte Ufer mit einzelnen Höfen und dem Dorf Offenhausen verblieb bei Bayern, hier wurde am 22. April 1811 mit Billigung durch den bayerischen König Maximilian I. Joseph die Gemeinde „Ulm am rechten Donauufer“ gegründet, die 1814 erstmals „Neu-ulm“ genannt wurde. Am 6. August 1806 wurde das ohnehin seit dem Westfälischen Frieden von 1648 nur noch auf dem Papier bestehende Heilige Römische Reich mit der Niederlegung der Krone durch Kaiser Franz II. (gleichzeitig seit 1804 Kaiser Franz I. von Österreich) aufgelöst und Europa gelangte immer mehr unter französischen Einfluss. Die Teilstaaten des Reichs wurden dabei endgültig alle zu souveränen Staaten, ein großer Teil davon war Mitglied im Rheinbund, der von Napoleon beschützt wurde. Napoleon überzog den Kontinent mit etlichen Kriegen. 1813 verlor Napoleon die Völkerschlacht von Leipzig (Königreich Sachsen), bei der alle deutsche Armeen gegen ihn kämpften, und 1815 die Schlacht von Waterloo (Vereinigte Niederlande, heute in Belgien) gegen die europäischen Großmächte Großbritannien und Preußen sowie deren Verbündete Hannover, Vereinigte Niederlande, Braunschweig und Nassau, woraufhin er auf die britische Insel St. Helena im Südatlantik verbannt wurde.

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde die Gründung des Deutschen Bundes beschlossen, dem das Kaisertum Österreich (ohne Dalmatien, der Bukowina und Galizien-Lodomerien), die Königreiche Preußen (ohne West- und Ostpreußen sowie Posen), Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg, sieben Großherzogtümer (Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar-Eisenach, Baden, Hessen-Darmstadt und Luxemburg), zwölf Herzogtümer (Holstein, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Gotha, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Meiningen, Nassau, Braunschweig und Sachsen-Lauenburg), dreizehn Fürstentümer (Lippe, Schaumburg-Lippe, Reuß ältere Linie, Reuß-Ebersdorf, Reuß-Gera, Reuß-Lobenstein, Reuß-Schleiz, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Liechtenstein und Waldeck-Pyrmont), die Städte Hamburg, Bremen, Frankfurt und Lübeck, das Kurfürstentum Hessen-Kassel und die Landgrafschaft Hessen-Homburg angehörten. All diese Staaten wurden 1806 mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation faktisch unabhängig. Durch Personalunionen hatten auch andere Nationalstaaten ein Mitspracherecht, das betraf das Vereinigte Königreich (Personalunion mit Hannover, bis 1837), Dänemark (Personalunion mit Holstein, bis 1864) und die Vereinigten Niederlande (Personalunion mit Luxemburg, später auch selbst mit Limburg im Bund vertreten). Grob erstreckte sich das Gebiet über das heutige Deutschland (ohne Südschleswig und Helgoland), die Kreise Eupen und Malmédy sowie Westluxemburg in Belgien, Luxemburg, Österreich ohne das Burgenland, Liechtenstein, Südtirol und Trient in Italien, Slowenien, Teile Istriens, die gesamte Tschechische Republik sowie große Teile Polens (Pommern, Schlesien, Lubuskie). Vorsitzender dieses Bundes war der österreichische Kaiser.

Die Zusammensetzung des Bundes änderte sich in späteren Jahren immer wieder durch Aussterben von Herrscherfamilien oder Annektion durch andere Mitglieder. 1818 kam die Gegend um Auschwitz zum Bund. 1824 fusionierten Reuß-Ebersdorf und Reuß-Lobenstein zu Reuß-Lobenstein-Ebersdorf, 1826 wurde Sachsen-Coburg-Saalfeld zu Sachsen-Coburg & Gotha und Sachsen-Hildburghausen wurde auf andere ernestinische Herzogtümer aufgeteilt. 1834 kam das coburgische Lichtenberg an Preußen. 1837 endete die Personalunion Hannovers mit dem Vereinigten Königreich, 1839 wurde Westluxemburg Belgien zugeschlagen, dafür trat die niederländische Provinz Limburg dem Bund bei. 1846 wurde Anhalt-Köthen zwischen Anhalt-Bernburg und Anhalt-Dessau aufgeteilt, 1848 fusionierten Reuß-Lobenstein-Ebersdorf, Reuß-Gera und Reuß-Schleiz zum Fürstentum Reuß jüngerer Linie, 1850 fielen die Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen an Preußen. Zwischen 1848 und 1851 gehörten auch West- und Ostpreußen sowie Teile der Provinz Posen zum Bund. 1854 kaufte Preußen das Land, auf dem heute Wilhelmshaven steht, von Oldenburg, 1863 fusionierten Anhalt-Bernburg und Anhalt-Dessau zum Herzogtum Anhalt. Schließlich annektierte Preußen 1864 Holstein, 1865 Sachsen-Lauenburg und 1866 Hannover, Frankfurt, Nassau und Hessen-Kassel, Hessen-Homburg gelangte 1866 an Hessen-Darmstadt und später zu Preußen. 1866 wurde der Bund aufgelöst. Kurz danach wurde der Norddeutsche Bund unter dem Vorsitz des preußischen Königs gegründet, ihm gehörten alle Staaten des Bundes mit Ausnahme von Österreich, Limburg, Luxemburg, Liechtenstein, Baden, Württemberg, Bayern und dem rheinhessischen Teil Hessen-Darmstadts an, zusätzlich gehörten die preußischen Gebiete Schleswig, Ost- und Westpreußen sowie Posen zum Bund. 1867 wurde aus dem Bündnis ein Bundesstaat, mit dem Beitritt Badens, Bayerns, Württembergs und Rheinhessens im Deutsch-Französischen Krieg wurde daraus 1871 das Deutsche Kaiserreich.

Karte vom Deutschen Bund
Karte des Deutschen Bundes
Quelle: Wikipedia
Planung und Bau der Bundesfestung Ulm

Außerdem wurde der Bau von vier Bundesfestungen entlang der Rheingrenze zu Frankreich beschlossen, diese sollten in den Städten Landau in der Pfalz (Bayern), Mainz (Hessen-Darmstadt), Luxemburg sowie einer weiteren, damals noch nicht festgelegten Stadt im Südwesten des Bundes entstehen. So sollte ein erneuter möglicher Einmarsch Frankreichs auf deutschen Boden verhindert werden können. Die bereits bestehenden Festungen in Mainz, Landau und Luxemburg wurden in den folgenden Jahren zu Bundesfestungen ausgebaut. 1819/20 gab es erste Vorplanungen für eine Festung rund um Ulm. Wenig später wurden diese Pläne vorerst auf Eis gelegt. 1841 wurde auf der Frankfurter Bundesversammlung der Bau von zwei weiteren Bundesfestungen vereinbart – noch eine am Rhein in Rastatt (Baden) und eine im süddeutschen Hinterland um die Stadt Ulm (Württemberg) mit einem Brückenkopf auf der bayerischen Seite um die noch sehr junge Gemeinde Neu-Ulm. Eigentlich sollte nur eine der beiden Festungen entstehen, da sich aber Österreich und Bayern (favorisierten Ulm) sowie Preußen, Baden und Württemberg (für Rastatt) letztendlich nicht einigen konnten, wurden beide in Auftrag gegeben. Vor allem Württemberg war anfangs vehement gegen die Ulmer Festung, da sie an der Ostgrenze des Staates entstehen sollte und so aus der Sicht des Landes unwirksam für Württemberg sei.

So entstand beiderseits der Donau auf einer Fläche von 335 ha (etwa die anderthalbfache Fläche des Fürstentums Monaco) die seinerzeit größte Festung Europas, die im Ernstfall durch Feldbefestigung mit bis zu 100.000 Soldaten belegt werden sollte. Die Festungswerke selbst konnten mit max. knapp 26.000 Soldaten belegt werden (Ausbaustand 1887), dazu kamen mehrere Kasernen, ein Kriegs- und zwei Friedensspitäler sowie zahlreiche Infrastrukturgebäude. Die Besatzung in Friedenszeiten sollte 5.000 Mann betragen. Der erste Plan aus dem Jahr 1841 umfasste 26 Werke, diese vorläufige Planung diente als Grundlage der heute bekannten Planung der Anlage. Die Stadtfronten wurden auf einzelne Werke aufgeteilt, die Werksnummern wurden neu vergeben, beginnend mit den Hauptumwallungen und endend mit den Außenforts. Einige Anlagen wurden verlegt oder ganz gestrichen, so fielen in Neu-Ulm drei der sechs Vorwerke weg, das Riedhof-Vorwerk wurde dann an die Bastion 3 gelegt und nach Osten gedreht. In Ulm traf es die Türme am Galgenberg, am Roten Berg und im Lehrer Tal sowie die Courtine am Michelsberg, dafür wurde die Anlage auf dem Michelsberg vollständig neu als Zitadelle konzipiert. So kommt man in den Planungen um 1842 auf 56 Werke, 1849 sind es noch 52. 1863 wurde ein weiteres Außenfort bei Pfuhl geplant, aber nicht ausgeführt, und ab 1881 entstanden zwei weitere Außenforts auf dem oberen Eselsberg, während 1876 auf dem Michelsberg ein Geschützturm abgetragen wurde, so dass man heute auf 53 zeitgleich existierende und 54 gebaute Werke von insgesamt 59 geplanten Werken kommt.

Ulm besaß mit der Bundesfestung die seinerzeit modernste und größte Festungsanlage Europas und wurde von Frankreich als unneinehmbar betrachtet. Und doch war sie schon bei der Fertigstellung veraltet. Grund hierfür war die Entwicklung neuer gezogener Geschütze, deren Reichweite sich von 800 Metern auf etwa drei Kilometer verlängerte und deren Treffsicherheit um einiges genauer wurde. Zudem wurden statt Vollstahlkugeln nun Sprenggranaten verwendet, die beim Auftreffen auf Mauern und Erde große Schäden hinterließen. Daher wurden ab 1876 zahlreiche Umbaumaßnahmen vorgenommen, die vor allem die Forts und die Wilhelmsfeste betrafen. Zahlreiche Erdtraversen wurden aufgeschüttet, Mauern und Türme abgetragen, Wälle vergrößert, Hohltraversen ummantelt und ab 1881 zwei neue Forts auf dem Eselsberg errichtet.


Übersichtskarte

Übersichtskarte Übersicht über alle ab 1842 gebauten und/oder geplanten Werke der Bundesfestung und Reichsfestung Ulm
Die Armierungsbauwerke von 1914 sind hier vereinfacht aufgeführt, die Fortifikations- und Artilleriebahnen gar nicht.

Die Karte kann zum Vergrößern angeklickt werden, sie öffnet sich in einem neuen Tab bzw. Fenster.

Farblegende:
rot: Mauerbauten
dunkelgrün: Glacisanlagen
grün: Wallanlagen
gelbgrün: weiteres militärisches Gebiet
dunkelblau: nasse Gräben/Künetten
dunkelblau schraffiert: Überflutungsgebiete
dunkelbraun: trockene Gräben
rote Linien: Abschnittsgrenzen 1914
nicht zur Festung gehörend:
hellgrün: Umland
dunkelrot: Bebaute Fläche um 1820
blau: Gewässer




Bedeutung für Ulm und Neu-Ulm

Begeben wir uns mal auf eine Zeitreise ins Jahr 1841: Die seit 31 Jahren württembergische Stadt Ulm war Hauptstadt des Donaukreises, der seinerzeit von Göppingen bis zum Bodensee reichte. Doch die mit zahlreichen malerischen Fachwerkbauten ausgestattete Stadt, die zudem flächenmäßig eine der größten Städte des Bundes war, war verarmt, die vor fast 500 Jahren begonnene Pfarrkirche, das heutige Ulmer Münster, war unfertig und stand recht wackelig da. Was von der Stadtbefestigung noch übrig war, vergammelte – zu dieser Zeit waren das Herdbruckertor (1828), das Glöcklertor und das Frauentor (beide 1837) bereits abgebrochen, in zwei Jahren sollte der Abbruch des Einlassturms erfolgen. Der Bausubstanz im Inneren der Stadt erging es nicht anders. Die Ursache für die Armut findet sich in einigen Kriegen der frühen Neuzeit, der Wiederentdeckung Amerikas, die das Gefüge auf dem europäischen Markt verschob und die einst durch die Barchentweberei reich gewordene Freie Reichsstadt an den Rand drückte, und schlussendlich auch in der Neugliederung Europas durch Napoleon, durch die Ulm sein gesamtes wirtschaftlich wichtiges Territorium rechts der Donau und Iller an Bayern verlor und die einst zu Ulm gehörenden Städte und Dörfer anderen Oberämtern zugeordnet wurden. Die Bevölkerung der Kernstadt schrumpfte in den vergangenen Jahrhunderten kontinuierlich von knapp 20.000 auf unter 16.000. Auf der anderen Donauseite liegt die erst vor 30 Jahren gegründete Gemeinde Neu-Ulm mit wenigen hundert Einwohnern. Die Ansiedlung lag an der Herdbrücke und auf der Insel, das seit 1818 eigenständige Dorf Offenhausen war zwei Kilometer entfernt und zur Kirche mussten die Bewohner noch bis ins drei Kilometer entfernte Pfuhl laufen, was damals neben Ulm die größte Gemeinde in der Umgebung war. Nun wurde genau im Jahr 1841 beschlossen, rund um Ulm und das kleine Neu-Ulm eine bereits seit langem geplante Festung zu errichten, die seinerzeit die größte im gesamten Deutschen Bund werden sollte. Der bayerische König genehmigte den Bau allerdings nur, wenn es gelingen sollte, innerhalb der Festung eine Stadt zu errichten.

Ulm und Neu-Ulm verschaffte der Bau der Festung einen wirtschaftlichen Aufschwung. Mit dem Bau der Festung, an der zeitgleich bis zu 6.000 Mann arbeiteten, wuchs Ulm zu Ende des 19. Jahrhunderts auf etwa 43.000 Einwohner an, Neu-Ulm wuchs zu einer Kleinstadt heran und bekam 1869 von Ludwig II. die Stadtrechte verliehen, um 1900 hatte es bereits rund 9.000 Einwohner. Heute ist Neu-Ulm mit 53.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Bayerisch-Schwaben hinter Augsburg und Kempten. Bis 1880 wurden mehrere wichtige Eisenbahnstrecken über Ulm gelegt, deren Bau teilweise über andere Städte, beispielsweise Nördlingen, geplant war: 1846 die Südbahn Ulm – Friedrichshafen, 1850 die Filstalbahn Stuttgart – Ulm, 1854 die Maximiliansbahn Ulm – Salzburg, 1861 die Illertalbahn Ulm – Oberstdorf (von der ab 1878 die Nebenbahn Senden – Weißenhorn und ab 1894 die Nebenbahn Kellmünz – Babenhausen abgezweigt wurden), 1865 die Donautalbahn Donaueschingen – Ulm und 1875 die Brenzbahn Ulm – Aalen. Dieser massive Ausbau der Eisenbahnstrecken führte auch zu einem wirtschaftlichen Aufschwung der Region rund um Donau und Iller. Im Angriffsfall wären die Dampflokomotiven Württembergs innerhalb der Festung untergebracht worden. 1854 wurde die Lücke zwischen Ulm und Neu-Ulm geschlossen und damit die bayerischen und württembergischen Staatseisenbahnen verbunden. Ohne die Festung und den damit zusammenhängenden Baumaßnahmen wäre aus Ulm und Neu-Ulm wohl kein länderübergreifendes Oberzentrum mit heute über 175.000 Einwohnern bzw. aus der landwirtschaftlich geprägten Region die Wirtschaftsregion Donau-Iller mit beinahe einer Million Einwohner entstanden.

Bei der Bevölkerung Ulms und den Unternehmern war die Festung dagegen nicht allzu beliebt, durfte doch außerhalb der Festungsmauern bis in drei Kilometern Abstand kein Steingebäude errichtet werden – wenn überhaupt, dann nur Holzbaracken. Man fühlte sich wieder eingesperrt in der Stadt, und das obwohl Festungsbaudirektor Prittwitz innerhalb des Festungsrings Platz gelassen hatte, damit die Expansion der Stadt nicht behindert werden sollte. Nicht wenige Klagen erreichten damals Frankfurt, konnten aber den Bau der Festung nicht verhindern. Aber auch das konnte die Gegner nicht aufhalten, sie forderten noch während der Bauarbeiten schon den Abbruch der Festung – ohne Erfolg.

Armierungen

Insgesamt wurde die Festung fünfmal armiert:

Die erste Armierung fand während der Märzrevolutionen in den deutschen Staaten im Jahr 1848 statt, hier waren große Teile der Festung noch gar nicht fertiggestellt bzw. es wurde noch nicht einmal mit dem Bau begonnen, lediglich die Wilhelmsburg stand schon nahezu komplett. Da es den Arbeitern der Festung und auch den Bürgern der Stadt jedoch gut ging, fiel die Revolution in Ulm und Neu-Ulm nicht auf fruchtbaren Boden, lediglich im Jahr zuvor gab es Krawalle wegen massiver Brotpreiserhöhungen.

Die zweite Armierung fand während des Oberitalienischen Krieges 1859 statt. Das Königreich Sardinien-Piemont plante zusammen mit Frankreich einen Angriffskrieg auf das mit dem Kaisertum Österreich in Personalunion verbundene Königreich Lombardo-Venezien, woraufhin Österreich ein Ultimatum stellte. Sardinien-Piemont ließ es im Juli 1859 verstreichen und so kam es zur Kriegserklärung. Nachdem Österreich die Schlachten bei Solferino (24. Juni 1859) und Magenta (4. Juli 1859) verlor, kam es zur Armierung der Bundesfestung Ulm und das VIII. deutsche Armeekorps wurde zum Schutz des Oberrheins mobilisiert. Zu diesen Armierungsarbeiten gehörte auch der Bau der Blockhäuser. Nachdem sich der französische Kaiser Napoleon III. und der österreichische Kaiser Franz Joseph am 11. Juli in Villafranca di Verona (Kgr. Lombardo-Venezien) auf einen Waffenstillstand einigten („Vorfrieden von Villafranca“), wurde die Armierung am 21. Juli beendet.

Im Deutschen Krieg von 1866 wurde die Festung ab dem 3. Juli – dem Tag der Schlacht von Königgrätz (Kgr. Böhmen, heute: Hradec Králové) – zum dritten Mal in den Kriegszustand versetzt, d.h. es wurden die Gräben geflutet, Palisaden vor den Forts errichtet, das Schießpulver von den Friedenspulvermagazinen in die Kriegs- und Wallpulvermagazine gekarrt und die Geschütze in Position gebracht. Diese Arbeiten dauerten 17 Tage. Die Aufhebung des Kriegszustandes erfolgte am 23. August 1866 mit der Auflösung des Deutschen Bundes, die österreichische Festungsbesatzung zog am 16. Oktober aus Ulm und Neu-Ulm ab.

Die vierte Armierung fand im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 statt. Durch diplomatische Spannungen nach der Veröffentlichung der Emser Depesche durch den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck erklärte der französische Kaiser Napoleon III. dem Norddeutschen Bund am 19. Juli 1870 den Krieg, die süddeutschen Staaten stellten sich auf die Seite des Norddeutschen Bundes. Bereits drei Tage vorher begann man mit der Armierung der Festung, am 4. August erfolgte die Versetzung in den Kriegszustand. In der Festung wurden 15.600 Soldaten und 500 Pferde untergebracht, es wurden insgesamt 301 Geschütze aufgestellt. Später wurden die Außenforts hauptsächlich zur Unterbringung französischer Kriegsgefangener genutzt, vor allem die Forts Unterer und Oberer Kuhberg, Unterer Eselsberg und Albeck. Nach dem Sieg über die Franzosen – aus dem Norddeutschen Bund und den süddeutschen Staaten Baden, Hessen-Darmstadt, Bayern und Württemberg entstand mittlerweile das Deutsche Kaiserreich – begann im März 1871 die Desarmierung der Festung.

Die letzte Armierung fand im August 1914 statt, also zu Beginn des 1. Weltkriegs. Hier wurden aber nicht die Festungsbauten an sich armiert — ein Teil war ja bereits abgetragen — sondern es wurde ein System aus Schützengräben, Stützpunkten, Artillerie- und Munitionsräumen und Zwischenraumstreichen ringförmig um Ulm und Neu-Ulm installiert. Dieser Ring hatte einen Umfang von nahezu 40 Kilometern. Die standartisierten Hohlbauten und Stützpunkte wurden im Eilverfahren aus Beton errichtet und von innen mit Wellblech verkleidet. Das Reduit von Fort Friedrichsau erhielt einen Betonpanzer von einem Meter Stärke, und die Werke auf dem oberen Eselsberg wurden ebenfalls nochmals mit Beton verstärkt. Noch während der Armierungsarbeiten wurde klar, dass der Feind, die französische Armee, nicht ins deutsche Kaiserreich vorrücken wurde, und so wurden die Arbeiten am unvollständigen Ring nach sechs Wochen beendet. Bereits 1916 wurden die meisten Gräben verschüttet und einige Stützpunkte zerstört, da sie allesamt auf Feldern errichtet wurden, ohne vorher die Landwirte zu bemühen. Zwischen 1945 und 1947 wurde der größte Teil dieses Rings durch die U.S. Army gesprengt — rund um Ulm befinden sich heute noch etliche Trümmerhaufen.

Die Festungsanlagen nach Ende der Festungszeit

Trotz dieser Armierungen kam es in und Ulm während dieser Zeiten nie zu Kriegshandlungen. Die Tatsache, dass die Festung nie in Kriegshandlungen verwickelt wurde, rettete sie im Vertrag von Versailles auch vor der Schleifung, im Gegensatz zu den anderen drei grenznahen deutschen Bundesfestungen (die Bundesfestung Luxemburg war ja mittlerweile im Ausland), die auf Grund der Einrichtung einer Entmilitarisierungszone mit einem Abstand von 50 Kilometern zur neuen französischen Grenze nahezu vollständig abgetragen werden mussten. Beide Städte begannen jedoch schon ab 1904, die Stadtfronten teilweise abzutragen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der äußere Festungsring von 1901 und 1914 fast vollständig gesprengt und in der Nachkriegszeit wurden die meisten Werke dem Verfall überlassen und teilweise, wie beispielsweise die Untere Gaisenbergbastion und das Fort Mittlerer Kuhberg auch abgebrochen. Seit 1974 kümmert sich der Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V. um den Erhalt der verbliebenen Gebäude.

Nach der Auflösung des Deutschen Bundes gingen die Festungen in Landeseigentum über, nach der Gründung des Deutschen Reichs auf der württembergischen Seite in Reichseigentum, woraus die Reichsfestung Ulm entstand. Der bayerische Teil der Festung verblieb beim Königreich Bayern. Die Armeen wurden auf beiden Seiten nach wie vor von den Gliedstaaten gestellt. 1921 zog die Reichswehr der Weimarer Republik in Teile der Festungen ein, 1935 die Wehrmacht. Von 1933 bis 1935 wurde im Fort Oberer Kuhberg und im Infanteriestützpunkt Gleißelstetten vom württembergischen Innenministerium ein „Schutzhaftlager“ (eine frühe Art des Konzentrationslagers) betrieben, nachdem das Vorgängerlager Heuberg in Stetten am kalten Markt geschlossen wurde. Einer der bekanntesten Gefangenen im KZ Oberer Kuhberg war der Sozialdemokrat und späterer SPD-Parteivorsitzende Kurt Schumacher. Im Juli 1935 wurden die Gefangenen auf andere Lager, darunter das Konzentrationslager Dachau, verteilt. Im zweiten Weltkrieg wurden die Gewölbe als Luftschutzkeller genutzt, was sich in vielen Fällen als fataler Fehler herausstellte, da der schwere Rauch durch Kamine und Rauchabzüge in die Gewölbe einzog und dort für Erstickungen sorgte. 1945 zogen die Amerikaner in beiden Städten ein und belegten die Hindenburgkaserne (nun Ford Barracks), die Reinhardtkaserne (nun Nelson Barracks) und die Ludendorffkaserne (nun Wiley Barracks), außerdem die ehemalige Wilhelmsfeste ohne die Wilhelmsburg, welche zum Flüchtlingslager mit zeitweise über 4.000 Bewohnern wurde, und die Flandernkaserne.

Teile der Festung werden bis heute vom Militär genutzt, so sitzen in der ehemaligen Wilhelmsfeste und im Fort Prittwitz das Multinationale Kommando Operative Führung (MN KdoOpFü/MN JHQ Ulm) der Bundeswehr, das Feldjägerbataillon 452 und das Heeresmusikkorps 10 und an der Kehle des Forts Unterer Kuhberg die Bleidornkaserne (Verwaltung und Dienstleistungszentrum). Bis 1995 war zudem in der Kienlesbergkaserne an der Kienlesbergbastion ein Teil des II. Korps stationiert, bis 2015 in der Hindenburgkaserne am Fort Unterer Eselsberg das Lazarettregiment 41. Der Truppenübungsplatz am Lerchenfeld nördlich von Jungingen wird heute von der Rommel-Kaserne Dornstadt genutzt. Neu-Ulm ist seit dem Abzug der U.S. Army im Jahr 1991 keine Garnisonsstadt mehr, die letzten militärisch genutzte Festungsteile auf dem rechten Donauufer waren die Ludwigsvorfeste in der Wileykaserne, der Infanteriestützpunkt 63 in der Nelsonkaserne und der ehemalige Lafettenstadel des Nebenartilleriedepots in Offenhausen.

In anderen Teilen haben Vereine und Jugendclubs, Schulen und Museen eine Heimat gefunden. In der Defensivkaserne der Oberen Donaubastion befinden sich das Donauschwäbische Zentralmuseum, ein Kinderladen, ein Theater und ein Weinhändler, außerdem auf dem Gelände das Roxy und der Club Schilli sowie eine Skaterhalle in der ehemaligen Reithalle, im Reduit der Mittelbastion hat eine Tauchergruppe ihren Sitz. In der Kienlesbergbastion befindet sich der Club Action, in der Oberen Gaisenbergbastion ein Verlag, in der Caponniere XX der Jazzkeller Sauschdall und der Club CAT. In der Unteren Gaisenbergbastion gibt es ein von Studenten betriebenes Café und den Club 15 sowie die Begegnungsstätte Charivari, im Reduit der Unteren Donaubastion zwei Archive und eine Schule und in den Donautürmen weitere Jugendclubs. Auf der Neu-Ulmer Seite wird das Eisenbahnblockhaus der Courtine 2 als Speisesaal und Galerie genutzt, die Caponniere 4 als kultureller Treffpunkt, die Courtine 6 als Wasserspielplatz und Biergarten, die Caponniere 8 von einem Naturschutzverein und das Kriegspulvermagazin II vom Förderkreis Bundesfestung Ulm. Von den Forts werden belegt: Das Fort Unterer Kuhberg durch eine Schule, eine Akademie und eine Narrenzunft, das Fort Oberer Kuhberg vom Förderkreis und vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg, das Fort Unterer Eselsberg von Pfadfindern, dem Ulmer Zelt und weiteren Vereinen und das Fort Albeck von Pfadfindern, privaten Bewohnern, Kleingärtnern und einem Modellbauverein. Die Ludwigsvorfeste teilen sich ein japanisches Restaurant, eine Steinwerkstatt, der Festungsbiergarten und die Mittelalterschänke. Die wenigsten Festungwerke stehen also leer, dazu zählen ein Großteil der Wilhelmsburg, der Söflinger Turm, der Örlinger Turm, die Forts Safranberg, Nebenwerk Oberer Eselsberg, die Vorwerke Illerkanal und Schwaighofen und kleinere Räume des Festungsrings. Im Vorwerk Illerkanal findet regelmäßig im Sommer das Vorwerkfest statt.

Die Festung heute: Zwischen Verfall und Sanierung, Abbruch und Denkmalschutz

Während die Festung zwischen 1945 und den 1970ern schwer vernachlässigt und viele Teile zerstört wurden, begann der Ulmer Tierarzt Dr. Otmar Schäuffelen 1967 mit Aufräumarbeiten am Fort Oberer Kuhberg. Dieses Engagement führte 1974 zur Gründung des Förderkreises Bundesfestung Ulm, dessen Mitglieder sich heute ehrenamtlich um die Festungsanlagen kümmern und Interessierten auch Führungen anbieten. Am ersten Sonntag im Monat um 14:00 findet eine kostenlose Regelführung im Fort Oberer Kuhberg statt, am dritten Sonntag im Monat um 11:00 eine auf der Wilhelmsburg. Desweiteren bietet das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg jeden Sonntag Führungen in der KZ-Gedenkstätte im Reduit und der Flankengalerie des Forts Oberer Kuhberg an.

Bereits 1920 wurden die beiden Ulmer Tore unter Schutz gestellt, 1960 wurden erstmals große Teile der noch bestehenden Ulmer Bundesfestungsanlagen unter Denkmalschutz gestellt, 1973 folgte die gesamte noch bestehende Neu-Ulmer Festung. 1980 wurden noch mehr Werke unter Schutz gestellt, darunter die Forts Unterer Kuhberg, Unterer Eselsberg und Prittwitz, und 2001 erfolgte schließlich der Denkmalschutz für das Gesamtwerk. Leider wurde und wird der Denkmalschutz zeitweise als sehr dehnbarer Begriff von der Kommunalpolitik und insbesondere von Gewerbetreibenden aufgefasst. Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden immer wieder unnötig Werke abgebrochen, darunter das für Neu-Ulm identitätsstiftende Augsburger Tor, die Untere Gaisenbergbastion alias Gaisenbergkaserne und viele Werke der äußeren Armierungsstellung. Diese Abbrüche setzen sich bis in die heutige Zeit fort, zwischen 2006 und 2009 wurde der bis dahin unter einem alten Rasthof schlummernde Infanteriestützpunkt Jungingen-West trotz bestehendem Denkmalschutz schrittweise im Auftrag eines lokalen Großunternehmers abgebrochen. Aktuell sind durch verschiedene Projekte die Überreste des Infanteriestützpunkts Jungingen-Ost beim Gewerbegebiet Hörvelsingerweg und die verbliebenen Proviantmagazine in Neu-Ulm an der Flussmeisterei gefährdet. 2012 wurden die Reste der Bastion 3 am Neu-Ulmer Künetteweg übererdet. 2013 verschwand der Wachraum 1 des Stützpunkts 63 und 2015 wurden die inneren Fundamente samt der Brückenwiderlager des einzigen bayerischen Eisenbahntors unmittelbar östlich der Glacis-Galerie für eine Tiefgarage abgebrochen. Gebaut wird derzeit in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Stützpunkts 14 (Haslacher Straße, Jungingen) und der Caponniere 4. Durch Verfall schwer gefährdet bzw. in Mitleidenschaft gezogen sind vor allem die Forts Albeck, Hauptwerk Oberer Eselsberg und Unterer Kuhberg.

Auf der anderen Seite tun Städte, Vereine und Gewerbetreibende aber auch viel, um die übrigen Gebäude zu erhalten oder zumindest den Verfall aufzuhalten. So wurde bereits das schon verloren geglaubte Fort Söflinger Turm wieder hergestellt, mehrere Gebäude restauriert und neu bedacht und bis heute werden immer wieder notwendige Rodungsarbeiten auf den Hohlbauten durchgeführt, ohne die die Wurzeln der Bäume und anderer Pflanzen in die Mauerwerke eindringen und diese zerstören würden. Zum 150-jährigen Jubiläum der Fertigstellung der Festung wurde 2009 der Festungsweg installiert, auf dem Fußgänger einmal um die gesamte Stadtumwallung laufen können. In der Nähe der Festungswerke wurden Stahlstelen aufgestellt, auf denen man zusätzliche Informationen zum jeweiligen Werk bekommt. Als einziges Außenfort bekam das Fort Oberer Kuhberg ebenfalls eine solche Stele. Städtische Sanierungen laufen derzeit an den Forts Unterer Kuhberg und Albeck sowie am Vorwerk Schwaighofen. Außerdem finden regelmäßig samstags ehrenamtliche Arbeiten am Fort Oberer Kuhberg sowie immer wieder Sonderaktionen des Förderkreises statt. Das Fort Oberer Eselsberg Nebenwerk, in dem bis vor einiger Zeit auch gearbeitet wurde, ist derzeit wegen Einsturzgefahr diverser Teile, insbesondere der Kehl-Contrescarpe bis auf Weiteres gesperrt. Insgesamt sind heute noch rund zwei Drittel der Festung trotz der Abbrüche vollständig oder teilweise erhalten.

Erhaltungszustand der Festung
Erhaltungszustand der Bundes- und Reichsfestung Ulm heute (Stand März 2013) mit heutigen Bezeichnungen. Karte zum Vergrößern anklicken.

Aufbau

Anders als bei vielen Festungen in Deutschland, die im Bastionärsystem errichtet wurden, wurden die Festungen Ulm und Rastatt im Polygonalsystem gebaut. Dieses System zeichnet sich durch lange Geraden aus, deren Eckpunkte durch Grabenstreichen (Caponnieren), Schanzen (Flèchen) und Wallschilde (Ravelins) verteidigt wurden. Auf diese Weise erreichte man, dass es an der gesamten Feindseite nicht einen Quadratmeter Toten Winkel gab. Ulm galt bis zur Entwicklung der gezogenen Geschütze als praktisch uneinnehmbar.

Grundriss Werk XXXVI
Grundriss des Hauptwerks Oberer Eselsberg

Erbaut wurde die Festung zwischen 1842 (Baubeginn der Wilhelmsburg) und 1859 (Fertigstellung des Forts Albeck) unter der Leitung des preußischen Ingenieurs Major Moritz Karl Ernst von Prittwitz und Gaffron für Württemberg und Theodor Ritter von Hildebrandt für Bayern — letzterer löste den eigentlichen Festungsbaudirektor Friedrich Herdegen ab, der 1843 starb. Beim Bau der Festung waren zeitweise 6.000 Arbeiter gleichzeitig im Einsatz, um die Festung zu errichten. Von Prittwitz galt seinerzeit als strenger Baudirektor, so war unter anderem Alkohol strengstens verboten, er sorgte aber auch für eine der ersten Sozialversicherungen Europas, in dem er einen Teil des Lohns der Arbeiter einbehielt und diesen in eine Kasse einzahlte. Verletzte sich ein Arbeiter oder kam er sogar um, erhielt seine Familie das Geld aus der Versicherung. Heute ist das die Normalität, für die Mitte des 19. Jahrhunderts war dies aber eine sehr fortschrittliche Praxis. Die Baukosten betrugen rund 16,5 Mio. Gulden – ein Arbeiter bekam damals im Durchschnitt 40 Kreuzer pro Arbeitstag, eine Maß Bier lag bei 8 Kreuzern.

Der innere Festungsring um beide Städte bestand aus elf Bastionen, zwei Wallschilden (Ravelins), einer Schanze (Flèche), zwei Contregarden, einer Bastionskatze (Cavalier), einem umlaufenden Graben (im Talbereich nass, im Bergbereich trocken) und der Zitadelle Wilhelmsfeste auf dem Michelsberg. Er beherbergte fünf große Kriegspulvermagazine und fünf Defensivkasernen. Nach außen führten acht Tore, davon waren drei nur für Fußgänger ausgelegt, zu diesen Toren kamen noch fünf Bahntore (Stand 1900). Die Donau wurde im Angriffsfall mit eingeschlagenen Pfählen gesichert, zwischen denen eine Kette mit einem Glieddurchmesser von ca. einem Meter gespannt wurde, außerdem wurden zu deren Schutz zwei Geschütztürme installiert. Des Weiteren befinden sich rund um die Festung 16 Forts (von ursprünglich 18 geplanten), von denen zwei erst nach 1880 errichtet wurden und eins vor 1880 abgebrochen wurde. Vier ursprünglich geplante Forts und ein nachträgliches wurden aus Kostengründen gestrichen. Bei vollem Ausbau bis 1900 hätte der Verteidigungsring aus 21 Forts bestanden. Die Verteidigungslinie aus den 1900ern weist zwölf Infanteriestützpunkte auf, davon waren zwei an der Böfinger Halde, drei südlich der Gemeinde Jungingen, zwei bei Lehr, einer in den Söflinger Weinbergen, zwei in den Eselsberg-Werken, einer bei Gleißelstetten und einer vor Pfuhl untergebracht. Im Lehrer Tal wurde zudem eine Pumpstation angelegt. Die Hauptkampflinie von 1914 sollte ein System aus Schützengräben, Stützpunkten, Artillerie- und Munitionsräumen, Batterien, vorgeschobenen Stellungen, Pumpwerken und Zwischenraumstreichen werden. Als klar wurde, dass die Franzosen nicht in das Reich einmarschieren würden, wurden die Arbeiten an diesem letzten Festungsring abgebrochen und etliche bereits entstandene Werke wieder zugeschüttet.

Innerhalb der Festung befanden sich um 1910 zwei Proviantämter, zwei Friedenskasernen, drei weitere Kasernen, zwei Gefängnisse (zivil und militärisch), jeweils zwei evangelische und katholische Garnisonskirchen, zwei Lazarette und die kaiserliche Fortifikation. Außerhalb der Festung befanden sich zwei weitere Kasernen sowie eine Ansammlung von Schuppen und Magazinen am Kuhberg. Zu Beginn des Festungsbaus wurde im Reichenauer Hof die Festungsbaudirektion untergebracht und westlich der Gemeinde Neu-Ulm der Festungsbauhof angelegt. Die Direktion wurde mit der Eröffnung der Kaiserlichen Fortifikation 1879 geschlossen, der Bauhof 1858. Nach der Wallniederlegung wurden die Donaubastionen, die Wilhelmsburg und die Untere Gaisenbergbastion zu reinen Kasernen umfunktioniert sowie in Zeiten der Reichswehr und Wehrmacht sechs weitere Kasernen errichtet. 1938 wurde der Status der Festungsstadt endgültig aufgehoben, nachdem die Festung selbst schon seit dem Ende des ersten Weltkriegs weitgehend leerstand.

Sieht man sich die Gebäude der Festungsanlage an, so fällt einem schnell auf, dass der Großteil der Ulmer Seite aus Kalkstein gebaut wurde, während die Neu-Ulmer Festung hauptsächlich aus Ziegelstein errichtet wurde. Für die Ulmer Seite wurden im nahegelegenen Blautal z. B. allein für die Wilhelmsburg 300.000 Tonnen Kalkstein abgebrochen und per Karren auf die Baustelle gebracht. Die Nummerierung der Werke erfolgte auf der württembergischen Seite mit römischen Zahlen, auf bayerischer mit arabischen Ziffern. Und der Festungsring am rechten Ufer ist nahezu vollkommen symmetrisch aufgebaut – er besteht aus vier jeweils 600 Meter langen Fronten, die in der Mitte jeweils zwei Tenaillen und eine Caponniere sowie an den Seiten je eine Bastionsseite enthalten.

Letzte Seitenbearbeitung: 3. Juli 2023